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15.10.24

Kritikers Notizbuch: Das Wiener Kammerorchester unter Jan Willem de Vriend Erfreuen

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J.C.Bach,
The Symphonies
A.Hoalstead, The Hanover Band
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W.A.Mozart,
Piano Cto. No.15 K.450
V.Ashkenazy, Philharmonia
Decca


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F.Schubert,
Symphony No.5
D.Barenboim, StaKap Berlin
Teldec/Warner


Klassische Morgengabe

Das Wiener Kammerorchester überzeugt unter Jan Willem de Vriend auch zu früher Stunde im Mozart Saal


Halb-Elf Uhr morgens ist der natürliche Feind des Orchestermusikers; mehr noch, als der des Musikkritikers. Aber das Wiener Kammerorchester spielte im Konzerthaus das Zwillingskonzert zu dem so großartigen Konzert vom 23. September (siehe Rezension in der Presse): Die gleichen Komponisten, die gleichen Gattungen, andere Werke. Johann Christian Bach: Sinfonie g-Moll, op .6/6. Mozart: B-Dur Klavierkonzert K 450. Schubert: Sinfonie No. 5. Konnte dieses hohe Niveau unter dem neuen Chef Jan Willem de Vriend auch ante meridiem wiederholt werden? Kurz: Ja! Spannung von der allerersten Note und im Mozart Saal noch direkter erfahrbar als im Großen. Da knarzt das Blech gleich nochmal so sehr, das Fagott brummt herrlich und zwei engagierte Kontrabässe füllen den Raum locker mit peppigen, antreibenden Noten. Kaum Spannungsabfall im Andante mit aufheulenden Geigen und packend „furioso“ im Allegro molto finale.

Ohne Sperenzchen spielte Jasminka Stancul, mit sympathisch-nervöser Energie, das Mozart Konzert (mit bemerkenswerten Beiträgen von der Flöte und den Oboen) und wurde von freundlich-familiären Publikum wärmstens beklatscht. Ob es die zum Ritual sklerotisierte Zugabe gebraucht hätte, sei dahingestellt.

Dann Schuberts Fünfte. Über Vernachlässigung kann sich die Sinfonie nicht beschweren; alleine im Konzerthaus ist sie seit 1913 öfters aufgeführt worden, als ihr vermeintliches Vorbild, Mozarts „große“ g-Moll Sinfonie die erst am Vorabend vom Bremer Kammerorchester gegeben wurde. Auch diese zeitliche Nähe macht die Beziehung allerdings – außer im letzten Satz – kaum deutlicher, denn wer die Fünfte als „Schubert“ kennen und lieben gelernt hat und nicht als epigonalen Mozart-Light, der hört ein originelles, durchweg entzückendes, zu Recht populäres Werk: Die mit Abstand lebendigste seiner frühen Sinfonien. Aber auch eine schwierige, denn sie soll einerseits sonnig-lyrisch klingen, andererseits heiter-lebendig. Etwas kantig im Holz und mit kurzen Phrasen und wenig warmem Streicherklang ging es hier zuweilen hektisch voran, mit wenig Sonne, aber lieber lebendig und bewölkt als geschmeidig und langweilig. Wenn das Kritik sein soll, zeigt dass nur, wie hoch die Erwartungen nach eineinhalb superben Konzerten unter de Vriend schon sind, nach eineinhalb Jahrzehnten Enttäuschung. Nein, in dieser Verfassung kann man zum Kammerorchester schon nach der Frühmesse gehen und musikalisch Hocherfreuliches erwarten.




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